#annasegherslesen – Anna Seghers Buchclub virtuell – 2022

Liebe Mitglieder und Anna Seghers-Lesende,

ins Neue Jahr geht es nicht selten mit guten Vorsätzen und dem Wunsch, sich mehr Schönes zu gönnen. Besonders zu Beginn dieses Jahres 2022 begleitet uns erneut die Hoffnung, der Weg möge uns nun aus der Pandemie heraus und wieder hin zu einigen lieben Gewohnheiten führen.

Für die ASG sind das z.B. die jährlichen Treffen, aber auch Veranstaltungen, Lesungen, Theaterbesuche und ähnliche Anlässe. Im letzten Jahr ist – den derzeitigen Umständen folgend – der Anna Seghers Buchclub hinzugekommen. Alle sechs Wochen treffen wir uns freitags um 19.00-20.30 Uhr, um uns v.a. Dingen mit den kürzeren Erzählungen unserer Autorin zu befassen. „Die Toten auf der Insel Djal“ und „Grubetsch“ waren gleich zu Beginn Thema, überraschende Zusammenhänge ergaben sich aus „Der letzte Mann der ‚Höhle‘ “, die „Die Wellblechhütte“ wirkte – bei gemeinsamer Annäherung – nicht mehr ganz so unzugänglich…

Auch in diesem Jahr werden wir weiterlesen und freuen uns über neue Mitlesende.

Am 14. Januar 2022 gibt es zunächst einen Sondertermin zum Roman „Der Kopflohn“, zu dem wir Carsten Jakobi als Gast gewinnen konnten. Gemeinsam mit Ute Brandes besorgte er die Bandbearbeitung des Romans, der im November im Rahmen der Werkausgabe im Hause Aufbau erschienen ist. Ab 19.30 Uhr diskutieren wir mit ihm den „Roman aus einem deutschen Dorf im Spätsommer 1932“.

Bei Interesse schreiben Sie bitte eine E-Mail an buchclub@anna-seghers.de. Anschließend erhalten Sie die Zugangsdaten zum Onlinetreffen zugeschickt.

Weitere Termine stehen bereits fest:

Dota Kehr liest Anna Seghers

Die Sängerin Dota Kehr über den Roman »Das siebte Kreuz« von der Schriftstellerin Anna Seghers: »Der Roman ist nicht nur spannend, er ist auch poetisch und unglaublich gut verdichtet. Es ist kein Wort zu viel.«

Im Online-Magazin der Wochenzeitung DIE ZEIT findet sich in der Ausgabe vom 23. Dezember 2021 eine beachtenswerte Leseempfehlung. Die Sängerin Dota Kehr, die 2020 durch Vertonungen von Mascha Kaléko-Gedichten auf sich aufmerksam machte, äußert sich sehr lobend über Anna Seghers’ Roman Das siebte Kreuz. Sie erzählt auch, wie sie auf dieses Buch stieß: »Ich selbst habe in meiner Schulzeit nichts von diesem Roman gehört, sondern bin damit in Berührung gekommen, weil ich sehr gerne Christa Wolf lese. In Christa Wolfs tagebuchähnlichem Ein Tag im Jahr erwähnt sie Anna Seghers – zu dieser Zeit Präsidentin des DDR-Schriftstellerverbandes – und Das siebte Kreuz mit so viel Ehrerbietung, dass es mich neugierig gemacht hat.« Den gesamten Text kann man hier lesen.

Mehr zur CD von Dota Kehr über Mascha Kaléko findet man hier.

 

Zum Tod von Pierre Radvanyi

Anzeige in der Allgemeinen Zeitung Mainz

Zum Tod von Pierre Radvanyi (1926-2021)

Pierre Radványi (Foto: Rainer Dyk, 2018)

Pierre Radvanyi, der Sohn von Anna Seghers, ist in der Nacht zum 6. Dezember im 96. Lebensjahr in Paris gestorben. Die Anna-Seghers-Gesellschaft und die Anna Seghers-Stiftung verlieren einen engagierten Streiter für das Werk seiner Mutter, einen liebenswerten Menschen und sehr guten Freund. Unser Mitgefühl gilt seiner Frau Marie-France (Mizou) sowie seiner großen Familie, die immer eine zentrale Rolle in seinem Leben spielten.

Als Peter Radvanyi wurde er am 29. April 1926 in Berlin geboren. Seine Eltern, Netty Radvanyi (geb. Reiling) und Laszlo Radvanyi, hatten sich in den 1920er-Jahren beim Studium in Heidelberg kennengelernt und waren 1925 nach Berlin gezogen. Dort wurde aus Netty Radvanyi die Schriftstellerin Anna Seghers, die 1928 den renommierten Kleist-Preis erhielt, u.a. für ihre erste große Erzählung Aufstand der Fischer von St. Barbara. Es war auch das Geburtsjahr von Peters Schwester Ruth.

1933 musste die Familie aus Deutschland fliehen. Anna Seghers war Jüdin, sie und ihr Mann waren zudem Mitglieder in der Kommunistischen Partei Deutschlands. Von 1933 bis 1941 lebten sie im Pariser Exil. Aus Peter wurde Pierre. Seine Schwester und er lernten in der Schule schnell die französische Sprache, fügten sich in die neue Umgebung und fanden französische Freund/innen und Spielgefährt/innen. In dieser Zeit (1938/39) schrieb Anna Seghers ihren berühmtesten Roman Das siebte Kreuz, der Anfang der 1940er-Jahre ihren Weltruhm begründen sollte. Als kaum 14-jähriger Junge musste Pierre Verantwortung für die Familie übernehmen, vor allem, als sein Vater in das Internierungslager Le Vernet eingeliefert wurde.

Unter abenteuerlichen Umständen gelang der Familie die Flucht aus dem besetzten Paris über Marseille nach Mexiko. Anna Seghers hat den Kampf um die nötigen Ausreisepapiere in ihrem Roman Transit literarisch verarbeitet. Auch in Mexiko besuchten die Kinder Pierre und Ruth eine französische Schule. Pierre Radvanyi schreibt in seinem Buch Jenseits des Stroms. Erinnerungen an meine Mutter (2005), dass er sehr unglücklich darüber war, Frankreich verlassen zu müssen und auch deshalb zunächst nur langsam und zögernd Spanisch lernte. Das mexikanische Exil dauerte sechs Jahre. Anna Seghers erlebte hier mit dem Erfolg des Romans Das siebte Kreuz den Höhepunkt ihres schriftstellerischen Schaffens. Doch sie erlitt auch einen schweren Unfall, der sie fast das Leben kostete. Zudem erfuhr sie, dass ihre Mutter nach Polen deportiert und in einem Konzentrationslager der Nationalsozialisten ermordet worden war.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zog es vor allen anderen den 19-jährigen Pierre zurück nach Frankreich. 1945 begann er das Studium der Physik an der Sorbonne in Paris. Später promovierte er in Kernphysik und richtete sein berufliches und privates Leben in Frankreich ein. Viele Jahre lang arbeitete er unter der Leitung von Irène und Frédéric Joliot-Curie am Centre national de la recherche scientifique (CRNS) in Orsay bei Paris, wo er bis zu seinem Tod auch lebte.

Für das Werk seiner Mutter setzte er sich zeitlebens ein. Oft besuchte er sie, auch zusammen mit seinen drei Söhnen, in Berlin. Seine Schwester Ruth und er waren wesentlich an der Gründung der Anna-Seghers-Gesellschaft im Jahr 1991 beteiligt. Sie widmet sich bis heute dem Studium und der Verbreitung des Werkes, der Pflege ihres Nachlasses sowie der Erinnerung an ihr Leben. Pierre Radvanyi ließ es sich nicht nehmen, an den Jahrestagungen der Gesellschaft teilzunehmen, die in Berlin und Mainz stattfanden. In Mainz gehörte der Besuch des Doms, jenem Bauwerk, das im Roman Das siebte Kreuz eine so zentrale Rolle spielt, immer zum selbst gewählten Pflichtprogramm. Auch die rheinhessische Küche, zum Beispiel Markklößchensuppe, liebte er sehr. Als Zeitzeuge beieindruckte Pierre Radvanyi immer wieder mit Erinnerungen an seine Mutter und bahnte Zuhörer/innen jeglichen Alters neue Wege zu Anna Seghers und ihrem Werk.

Seine Mutter hatte testamentarisch verfügt, dass mit den Tantiemen ihrer Bücher ein Preis finanziert werden sollte, der jeweils an eine Autorin oder einen Autor aus dem deutschen sowie aus dem lateinamerikanischen Sprachraum geht. Diese Aufgabe übernimmt heute die Anna Seghers-Stiftung. Als Mitglied des Vorstands hat es Pierre Radvanyi stets viel Freude bereitet, die Preisträgerinnen und Preisträger auszuzeichnen, die oft noch am Beginn ihrer schriftstellerischen Karriere standen.

Mit Pierre Radvanyi verlieren Gesellschaft und Stiftung einen langjährigen Weggefährten, der Höhen und Tiefen in der Rezeption von Anna Seghers miterlebt hat. Wie auch seine 2010 gestorbene Schwester Ruth wurde er nie müde, sich für das Werk seiner Mutter einzusetzen. So war er sehr stolz, als 2018 in Frankfurt/M. ein Weg nach seiner Mutter benannt wurde. Auch das kürzliche Erscheinen des Romans Der Kopflohn im Rahmen der Werkausgabe des Aufbau Verlags hat er noch mit Freude wahrgenommen.

Wir werden ihn alle sehr vermissen.

Hans-Willi Ohl

für den Vorstand der Anna-Seghers-Gesellschaft

Moritz Malsch

für den Vorstand der Anna Seghers-Stiftung

Anna Seghers-Preis 2021

Am 19. November, dem 121. Geburtstag von Anna Seghers, wurde in der Akademie der Künste in Berlin der diesjährige Anna Seghers-Preis verliehen. Der mit jeweils 12.500,-€ dotierte Preis ging an die bolivinanische Autorin Magela Baudoin und den in der Nähe von Leipzig lebenden deutschen Schriftsteller Francis Nenik.

Baudoin, die aus den USA zugeschaltet war, wurde in Lateinamerika bereits mit mehreren Preisen ausgezeichnet und ist auch als Kritikerin und Verlegerin bolivianischer Autorinnen tätig. Ihre Bücher sind noch nicht auf Deutsch erschienen. Über einen ihrer Texte sagte die Jurorin und Übersetzerin Christiane Quandt: „Wie bei Anna Seghers schimmert das politische Engagement durch ihren Text durch, ist jedoch weder plakativ noch lenkt es von der Geschichte ab.“ Die Schauspielerin Karen Suender las die von Quandt übersetzte Dankesrede der Preisträgerin sowie einen Auszug aus ihrem Werk.

Francis Nenik wurde durch kurze Prosaformen, literarische Essays und Romane bekannt, z.B. Reise durch ein tragikomischers Jahrhundert. Das irrwitzige Leben des Hasso Grabner. „Francis Nenik ist nicht nur ein sprachlich-lächerlich witziger Geschichtenerzähler, sondern auch ein hellwacher Historiograph und Virtuose des literarischen Essay-Schreibens“, lobte die Jurorin und Literaturwissenschaftlerin Maren Jäger. Nenik bedankte sich in der ihm eigenen Weise mit einem eigens produzierten ‚Hörstück‘, das durchaus auch etwas mit Anna Seghers zu tun hatte.

Da der Autor nicht in der Öffentlichkeit auftritt, nahm sein Verleger Leif Greinus (Verlag Voland & Quist) den von Moritz Malsch, dem Vorstandsvorsitzenden der Anna Seghers-Stiftung, überreichten Preis entgegen.

Die gesamte Veranstaltung findet man hier.

„Der Kopflohn“ im Aufbau-Verlag

Sommer 1932: Die soziale Not in Deutschland erreicht einen neuen Höhepunkt. In dem rheinhessischen Dorf Oberweilerbach stehen die Kleinbauern vor dem Ruin, selbst die Großbauern befinden sich in Kreditnot. Frauen und Heranwachsende sind Opfer brutaler Ausbeutung. In dieser Situation trifft mit Johann Schulz ein unbekannter ,roter‘ Flüchtling ein; sein Steckbrief hängt öffentlich in der Kreisstadt aus. Man beschuldigt ihn, bei einer Demonstration einen Polizisten getötet zu haben. Der ausgesetzte Kopflohn wird zur Versuchung, und es ist eine Frage der Gesinnung, wer ihn schließlich denunziert. Denn im Dorf werben die Nazis, die vor allem auf die Jugend große Anziehungskraft ausüben.

Anna Seghers‘ erster Exilroman mit dem Untertitel „Roman aus einem deutschen Dorf im Spätsommer 1932“ durchdringt den menschlichen und sozialen Nährboden für den Aufstieg der NSDAP. Er beeindruckt durch seine sprachliche Intensität und den gestalterischen Reichtum der erzählerischen Mittel. Der Roman ist seit dem 16. November im Aufbau-Verlag in erster Auflage erhältlich und ist Teil der  mehrbändigen Werkausgabe, die das erzählerische Werk ebenso umfasst wie ihre Briefe.

ABSAGE: Jahrestagung der Anna-Seghers-Gesellschaft

Vom 19. – 21. November hätte die Jahrestagung der Anna-Seghers-Gesellschaft in Berlin stattgefunden. Die Gesellschaft wurde im Jahr 1991 gegründet und feiert in diesem Jahr ihren 30. Geburtstag.

Die Preisverleihung des Anna-Seghers-Preises findet(nach derzeitigem Stand) trotzdem am 19.11. um 19 Uhr in der Akademie der Künste am Pariser Platz statt, sowohl vor Ort als auch im Stream der AdK. Der Link zum Livestream findet sich hier. Die Preise gehen diesmal an die bolivianische Schriftstellerin Magela Baudoin und den deutschen Autor Francis Nenik.

Schweren Herzens hat sich der Vorstand der Anna-Seghers-Gesellschaft dazu entschlossen, die Tagung abzusagen.

Die steigenden Infektionszahlen und die aktuellen Verordnungen lassen es nicht zu, dass wir ein Risiko eingehen. Wir hoffen sehr auf das Verständnis für unsere Entscheidung. Nähere Informationen erhalten alle, sobald wir uns auf das weitere Vorgehen geeinigt haben.

Das Argonautenschiff wird den Mitgliedern per Post zugesandt.

Wir bedanken uns bei allen, die sich angemeldet haben. Irgendwann wird es wieder klappen!

Post ins gelobte Land: historischer Vortrag und Lesung in Mainz

Historischer Vortrag und literaturhistorische Einführung von Hans Berkessel mit anschließender Lesung der Erzählung „Post ins gelobte Land“ von Anna Seghers durch die Mainzer Staatsschauspielerin Gaby Reichardt

Hedwig Reiling (1880–1942) stammte aus der angesehenen jüdischen Frankfurter Kaufmannsfamilie Fuld. Sie heiratete Isidor Reiling, den Juniorpartner des erfolgreichen und international angesehenen Antiquitätengeschäftes David Reiling, der dieses zusammen mit seinem Bruder Hermann in der Flachsmarktstraße betrieb.

Mit der Machtübernahme des NS-Regimes begann auch für die Reilings eine Zeit der Diskriminierung und Verfolgung. Nach dem Novemberpogrom vom 9./10.11.1938 wurden auch sie in einem der so genannten „Judenhäuser“ in der Taunusstraße 31 auf engstem Raum zusammengepfercht.

Am 10. März 1940, zwei Tage nach der Zwangsarisierung seines Geschäftes, starb Isidor Reiling an den Folgen eines Schlaganfalls. So musste er den entwürdigenden Abtransport seiner Frau Hedwig am 20. März 1942 nicht mehr miterleben. Zusammen mit 450 weiteren Mainzer Juden wurde sie in das Lager Piaski bei Lublin deportiert. Am 30. März 1942 traf Hedwig Reiling dort ein, wo sich ihre Spur ohne ein weiteres Lebenszeichen verliert.

In ihrer Erzählung „Post ins gelobte Land“, die um 1944 im mexikanischen Exil entstanden ist, erzählt Anna Seghers die Geschichte des Juden Jakob Levi, der vor dem Ersten Weltkrieg als erfolgreicher Augenarzt in Paris praktizierte. Sein Vater Jonathan, der ein russisches Judenpogrom überlebt hatte und nach langer Odyssee glücklich in Paris bei einem Bruder aufgenommen worden war, hatte nur einen Wunsch: ins gelobte Land zu reisen und seinen Lebensabend in einem Jerusalemer Altenheim zu verbringen. Vor der Abreise nahm er seinem Sohn das Versprechen ab, ihm regelmäßig zu schreiben und vom Leben der Familie in Paris zu berichten …

Die Teilnahme ist kostenlos. Eine Anmeldung unter der Angabe der Kontaktdaten ist erforderlich. Die Durchführung der Veranstaltung hängt von den jeweils geltenden Vorschriften zu Covid 19 ab.

Mail zur Anmeldung und bei Fragen: cornelia.dold@haus-des-erinnerns-mainz.de; Tel.: 06131/617 74 47

Veranstaltende: Haus des Erinnerns – für Demokratie und Akzeptanz Mainz in Kooperation mit dem Verein für Sozialgeschichte Mainz e. V., der Landeshauptstadt Mainz | Amt für Kultur und Bibliotheken und der Anna-Seghers-Gesellschaft Berlin und Mainz e. V.

Die Veranstaltung ist Teil des Programms zu den Jüdischen Kulturtagen Mainz. 

Hinweis: Eine Anmeldung mit Angabe der Kontaktdaten ist erforderlich. Die Durchführung der Veranstaltung hängt von den jeweils geltenden Vorschriften zu Covid 19 ab.

Lesung in der Kulturfabrik Fürstenwalde

Am Sonntag,  24. 11. 2021 um 16 Uhr lesen Monika Melchert und Thomas Bruhn zur Erinnerung an Anna Seghers aus dem Buch Im Schutz von Adler und Schlange. Anna Seghers im mexikanischen Exil und aus Briefen der Schriftstellerin. Die Veranstaltung findet in der Kulturfabrik Fürstenwalde statt.

Kontakt:Domplatz 7,  15517 Fürstenwalde/Spree,

Tel. 03361 2288

Anna Seghers im Garten von Jorge Amado – Novelle von Robert Cohen

Die Erzählung „Anna Seghers im Garten von Jorge Amado“ von Robert Cohen, die schon in den Jahren 2013/14 geschrieben wurde, findet sich nun im Herbstprogramm des Verlages Faber & Faber.

Aus dem Verlagstext: Es gibt ein Foto von Anna Seghers in einem tropischen Garten, inmitten wild wuchernder Vegetation, ein Notizbuch auf den Knien. Das Bild entstand 1963 im Garten des Hauses von Jorge Amado in Brasilien. Cohen imaginiert einen kurzen Augenblick des Nachdenkens der Dichterin, nicht in die DDR zurückzukehren; die Abwägung zwischen unerfüllten Träumen von einem zwar befreiten, aber als einschnürend empfundenen sozialistischen Alltag und dem scheinbar paradiesischen Traum von Exotik und individueller Befreitheit. Seghers erinnert sich an ihre eigene Kindheit am Rhein, ihre Emanzipation als Dichterin, an die Flucht aus dem faschistischen Deutschland, an ihr Exil in Mexiko und an ihre Rückkehr in den Teil von Deutschland, der ihr der interessantere scheint ob seines Credos einer befreiten Gesellschaft von Zwang, Kapitalismus und ideologischer Beschränktheit.
Ausgehend von nur wenigen tatsächlichen Fakten formt Robert Cohen ein Textgewebe, worin das Märchenhafte und Phantastische überwiegen; zudem die gemeinsam mit der Seghers empfundene große Zuneigung für und Hinwendung zu einem der großen Dichter der lateinamerikanischen Literatur.

Eine Rezension von Ralf Julke aus der Leipziger Zeitung findet sich hier.